Berufskraftfahrer und Außendienstler stehen häufig unter enormen Termindruck. Gelegentlich gibt es Absprachen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern, Bußgelder für Lenkzeit- oder Geschwindigkeitsüberschreitungen und sonstigen Ordnungswidrigkeiten zu übernehmen. Diese Übernahme von Sanktionen führte bisher nach ständiger Rechtsprechung nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn und unterlag somit nicht der Lohnsteuer.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine arbeitgeberfreundliche Rechtsprechung mit Urteil vom 14. November 2013, VI R 36/12 (veröffentlicht am 22. Januar 2014) aufgegeben. In der aktuellen Entscheidung hat der Betreiber einer internationalen Spedition Bußgelder, die gegen ihre Fahrer wegen Überschreitung von Lenkzeiten und der Nichteinhaltung von Ruhezeiten festgesetzt worden waren, für ihre Fahrer bezahlt, ohne dafür Lohnsteuer einzubehalten.
Das Finanzamt unterwarf diese Zahlungen im Rahmen einer Betriebsprüfung der Lohnsteuer und nahm die Spedition dafür in Anspruch. Das Gericht hat sich dieser Meinung nun angeschlossen.
Alles, was dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendet wird hat Entlohnungscharakter für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft und wird als Arbeitslohn angesehen. Dagegen sind u.a. solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als „notwendige Begleiterscheinung“ betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Dies kann z.B. für das kostenlose Mittagessen eines Betreuers in einem Kinderheim gelten, da hier der Arbeitgeber das Ziel verfolgt, familienähnlichen Strukturen zu schaffen und nicht dem Betreuer eine warme Mahlzeit zukommen zu lassen.
Zu solchen „notwendigen Begleiterscheinungen“ zählen gegen geltendes Recht verstoßende, mit Bußgeldern belegte rechtswidrige Weisungen des Arbeitgebers nicht.
Dementsprechend hat das Gericht das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers zu Recht im Wesentlichen damit verneint, dass es nicht darauf gerichtet sein könne, generell die Fahrer anzuweisen, Lenk- und Ruhezeiten zu überschreiten, mit der Folge, dass dementsprechende Weisungen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer unbeachtlich seien.
Weiter hat das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung ebenfalls berücksichtigt, dass es angesichts der gegen einzelne Fahrer verhängten Bußgeldbescheide über rund 2.950 € und 3.640 € nicht nur gelegentliche und geringfügige Verstöße handelte. Allerdings wird man aus dieser Schlussbemerkung nicht ableiten können, dass es bei geringfügigen Verstößen weiterhin nicht zu Arbeitslohn kommt.